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Gottesdienst mit öffentlicher Erklärung der Kirchenleitung zur Tätigkeit von Eckart Giebeler, Gefängnisseelsorger in der DDR und Inoffizieller Mitarbeiter des MfS

Berlin, 2. November 2023 – Am 5. November 2023 um 18 Uhr veranstaltet die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) in der St. Marienkirche am Alexanderplatz einen Gottesdienst mit Bischof Christian Stäblein, Mitgliedern der Kirchenleitung und Gästen, die aufgrund ihrer oppositionellen Haltung Verfolgung, Verurteilung und Haft in der DDR erlitten haben. Weitere Teilnehmer:innen sind Dr. Maria Nooke, Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, ihre Stellvertreterin Susanne Kschenka, sowie Dr. Marie Anne Subklew-Jeutner. Im Rahmen des Gottesdienstes wird eine öffentliche Erklärung der Kirchenleitung zum ehemaligen evangelischen Gefängnisseelsorger in der DDR und Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), Pfarrer Eckart Giebeler, verlesen.

Umfangreiche wissenschaftliche Recherchen von Dr. Marie Anne Subklew-Jeutner (Autorin des Buches „Schattenspiel. Pfarrer Eckart Giebeler zwischen Kirche, Staat und Stasi“, erschienen 2019) haben ein präzises Bild der Tätigkeit von Eckart Giebeler und ihren Folgen ergeben. Eckart Giebeler war während seiner Dienstzeit in Gefängnissen der DDR für Jahrzehnte als Inoffizieller Mitarbeiter des MfS tätig. Vor mehr als 30 Jahren wurde die Tätigkeit Eckart Giebelers als IM “Roland” unter anderem durch ein Fernsehteam aufgedeckt. Giebeler wurde daraufhin sofort aus dem Staatsdienst entlassen. Er hatte als Gefängnisseelsorger im Dienst des Staates über vier Jahrzehnte für die Staatssicherheit gespitzelt und das Vertrauen, das ihm die Gefangenen entgegengebracht hatten, unzählige Male missbraucht. Dies wiegt für die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz schwer, da er zwar im Staatsdienst stand, aber als Pfarrer handelte und über Konvente und Unterstützungsleistungen der Kirche in die kirchlichen Strukturen eingebunden war. Die Kirchenleitung hatte sich ausführlich 2021 mit den Forschungsergebnissen Subklew-Jeutners befasst.

Als mittelbare Folge dieser Beratung kam es auf Einladung von Bischof Stäblein am Dezember 2022 zu einem Gesprächsaustausch mit ehemaligen politisch Inhaftierten, die Giebeler als Seelsorger während ihrer Haft kennengelernt hatten. Das Gespräch mit den Betroffenen war gemeinsam mit der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Dr. Maria Nooke, und ihrer Stellvertreterin Susanne Kschenka vorbereitet worden. Als Resultat dieses Gespräches ist die Erklärung der Kirchenleitung entstanden, die nun in einem gemeinsam gefeierten Gottesdienst verlesen wird. Die Erklärung hält das Ergebnis des gegenwärtigen Forschungsstandes zur Tätigkeit Eckart Giebelers als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit in seiner Funktion als Gefängnisseelsorger fest. Sie benennt die Schwere der konkreten Schuld Giebelers, die Folgen, die Menschen durch die Tätigkeit Giebelers als IM erlitten haben, und den Widerspruch, dass aus der Kenntnis der Tätigkeit Giebelers als IM keine dienstrechtlichen Konsequenzen erfolgten. Die Erklärung schließt mit der Selbstverpflichtung der Kirchenleitung, ihre Aufgabe zur Aufarbeitung der Geschichte der Kirche vor 1989 auch über den konkreten Fall der MfS-Tätigkeit von Giebeler hinaus fortzuführen.

Zudem gibt es im Anschluss an Gottesdienst und Verlesung eine weitere Gelegenheit zum gemeinsamen Gespräch.

Hintergrund

Pfarrer Eckart Giebeler wurde 1950 in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg ordiniert und war während seiner Dienstzeit in Gefängnissen der DDR für Jahrzehnte als Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit tätig. Die meisten Gefängniseinsätze hatte er auf dem Gebiet der heutigen EKBO. Die historisch-wissenschaftliche Bearbeitung seines Tuns und der geschichtlichen Hintergründe ist durch Marie Anne Subklew-Jeutner erfolgt. Sein Fall ist nach jetzigem Kenntnisstand ein historisch einmaliger Fall: Seine Anstellung durch das damals zuständige Ministerium und die Umstände dieser Anstellung sind singulär gewesen.

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