„Wählen gehen!“

11.09.2016

Ökumenisches Wort zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 18. September 2016

Liebe Berlinerinnen und Berliner,

Berlin war schon immer ein Schmelztiegel. Aus Deutschland, Europa, aus der ganzen Welt kommen Menschen in unsere Stadt, als Touristen, zum Studium und zum Arbeiten, aus Sehnsucht, in vielen Fällen auch als letzte Hoffnung. Im vergangenen Jahr haben Sie als Berlinerinnen und Berliner zusammengehalten, als die vielen Menschen kamen, die vor Krieg und Not zu uns geflüchtet sind. So viel Hilfsbereitschaft war beeindruckend.

Als Berliner Bischöfe sind wir beide mit „Migrationshintergrund“ aus dem Rheinland zugezogen. Wir sind Berliner geworden, und dazu gehört auch, dass wir Berlin lieben gelernt haben mit der Schönheit der Stadt, der Vielfalt an Kultur und Religion, aber auch mit all ihren Problemen, Konflikten und Widersprüchen. Berlin ist eine Metropole von europäischem Rang mit einem herausragenden Angebot an Orchestern, Opernhäusern, Galerien, Museen, aber auch führenden Wissenschaftseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen, mit Sportvereinen und nicht zuletzt mit engagierten Kirchen und Religionsgemeinschaften. In den guten und erfolgreichen Zeiten der Geschichte Berlins hat es unsere Stadt immer geschafft, Menschen willkommen zu heißen und zu integrieren.

Es lohnt sich, hier zu leben, auch wenn wir als Berlinerinnen und Berliner manchen Spott und manche Kritik ertragen müssen und wenn – gern auch von außen – auf Missstände hingewiesen wird, die uns bestens vertraut sind. Aber wir können auch voller Stolz auf die Stärken Berlins verweisen: eine offene politische Streitkultur, die Probleme aufdeckt; bürgerschaftliches Engagement, das seinesgleichen sucht; Initiativen wie das Quartiersmanagement oder Community Organizing, die dazu beitragen, dass möglichst alle in Veränderungsprozesse einbezogen werden; Heimatverbundenheit in den Kiezen gepaart mit der Weltoffenheit einer Metropole.

Gott sei Dank gibt es mehr Gründe, sich für diese Stadt zu engagieren und für sie zu kämpfen, als sich zu beschweren und zu schimpfen. Das Vorbild von vielen tatkräftigen und selbstbewussten Berlinerinnen und Berlinern in Politik und Gesellschaft, in Kultur und Kirchen hat uns angesteckt und überzeugt.

Am 18. September finden die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordneten-Versammlungen statt. Die evangelische und die katholische Kirche haben mit zwei Diskussionsveranstaltungen versucht, im Vorfeld der Wahlen zur politischen Meinungsbildung beizutragen. Als Bischöfe bitten wir Sie heute, diese Wahl aktiv wahrzunehmen. Bitte gehen Sie wählen! Unsere Demokratie lebt davon, dass diejenigen, die unsere Interessen vertreten, eine breite Basis haben, in der sich der Wille von uns als Bürgerinnen und Bürger abbildet. Bei allem, was uns sonst trennt und unterscheidet, ist das der Moment, an dem wir alle Berliner sind.

„Suchet der Stadt Bestes“ rät der Prophet Jeremia dem Volk Israel, „denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's auch euch wohl“ (Jer 29,7). Ein alter, aber ein kluger Tipp für den Wahlsonntag. Übersetzt könnte er lauten: Machen Sie sich die Mühe, schauen Sie sich die Wahlprogramme, aber auch die Kandidatinnen und Kandidaten genau an, fragen Sie nach. Es geht nicht nur um ein paar Kreuzchen auf dem Wahlschein. Diese Kreuze haben eine große Wirkung! Überlegen Sie sich, was aus Ihrer Sicht tatsächlich das Beste wäre für Berlin. Stärken Sie unsere Stadt durch Ihren Beitrag zu einer hohen Wahlbeteiligung!

Beim Propheten Jeremia steht noch der Satz: „Und betet für sie zum Herrn!“. Das wollen und werden wir tun für alle Berlinerinnen und Berliner. Für diejenigen, die sich zur Wahl stellen und ebenso für diejenigen, die wir bitten: Gehen Sie zur Wahl!

Es grüßen Sie herzlich
Ihre

                                                                      
erzbischof@erzbistumberlin.de                     bischof@ekbo.de
www.erzbistumberlin.de                                www.ekbo.de

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