23.10.2020
Intervention, Prävention und Aufarbeitung als Leitlinien des Gesetzes - Meldepflicht bei Missbrauchsverdacht - Kirchenkreise sollen eigene Schutzkonzepte ausarbeiten
Berlin, 23. Oktober 2020 – Das Kirchenparlament (Synode) der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat heute ein Gesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt beschlossen. Das Gesetz tritt bereits am 1. November 2020 in Kraft.
Es regelt grundsätzliche Anforderungen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, nennt Präventions- und Interventionsmaßnahmen, zeigt Hilfsmöglichkeiten auf und fördert die Aufarbeitung. Dabei bezieht es sich auf betroffene Kinder, Jugendliche und schutzbefohlene Erwachsene. Zu den wichtigsten Punkten gehören unter anderem eine Meldepflicht für alle kirchlich Mitarbeitenden, die grenzüberschreitendes Verhalten wahrnehmen, die verpflichtende Aufforderung an Kirchenkreise, Schutzkonzepte zu entwickeln und eine Ansprechperson für das Thema zu benennen sowie regelmäßige Fortbildungen für beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende.
„Sexualisierte Gewalt ist ein Thema, das uns alle unbedingt angeht, für das wir gründliche Aufarbeitung und erst recht eine gelingende Prävention brauchen“, betonte Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein gegenüber der Synode. Die Theologin ist Ansprechpartnerin zur Aufklärung sexualisierter Gewalt und Missbrauch in der EKBO. „Mein Auftrag ist es, alle Ebenen unserer Landeskirche für die Themen grenzüberschreitendes Verhalten und sexualisierte Gewalt zu sensibilisieren. Wir müssen hinschauen, hinhören, darüber sprechen – und handeln“, sagte Trautwein. Das Gesetz ist hierbei eine wichtige Grundlage.
„Wer kirchliche Angebote wahrnimmt oder als mitarbeitende Person im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes tätig ist, ist vor allen Formen sexualisierter Gewalt zu schützen“, heißt es im Gesetzestext. So ist bei einer Verurteilung wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine Mitarbeit im Bereich der Kirche grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gesetz bestimmt, dass die Kirchengemeinden in ihren Schutzkonzepten Regelungen zur Vorlage von erweiterten Führungszeugnissen treffen. Dabei soll nicht nur festgelegt werden, wer von beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen hat, sondern auch in welchen Abständen eine erneute Anforderung erfolgt. Bei Ehrenamtlichen wird dies davon abhängen, wie intensiv und dauerhaft sie mit Jugendlichen und schutzbefohlenen Erwachsenen Kontakt haben.
Bei begründetem Verdacht in sexuellen Missbrauchs- und Gewaltfällen muss der Vorfall an spezielle kirchliche Beauftragte gemeldet werden. Die Kirchenkreise sind dem Gesetz zufolge verpflichtet, eigene Schutzkonzepte zu erstellen und umzusetzen. Auch eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene ist gesetzlich verankert, ebenso wie die landeskirchliche Kommission zur individuellen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt.