20.02.2018
EKD, EKBO und Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen setzen Zeichen der Versöhnung
Berlin, 20. Februar 2018 – Lange wurde nach der Begräbnisstätte des in deutscher NS-Haft verstorbenen polnisch-evangelischen Bischofs Juliusz Bursche (1862 – 1942) gesucht. Der Fund von Dokumenten durch den Deutschen Klaus Leutner und den Polen Pawel Woźniak im vergangenen Jahr, die durch ihre Nachforschungen in Berlin den Ort ausfindig machen konnten, an dem die Urne beigesetzt wurde, war vor allem in Polen eine Sensation.
Zum Gedenken an Bischof Bursche fand am Dienstag, 20. Februar, Bursches Todestag, auf dem Städtischen Friedhof in der Humboldtstraße in Berlin-Reinickendorf zunächst in engstem Familienkreis sowie mit geladenen Gästen aus Polen und Deutschland eine Andacht statt. Sie wurde gemeinsam von Bischof Markus Dröge von der EKBO sowie dem Leitenden Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Bischof Jerzy Samiec, durchgeführt. In seiner Predigt sagte Dröge: „Wir haben jetzt die Chance, durch den Fund des Grabes auf diesem Friedhof, über das Gedenken an Bischof Bursche und sein Lebenswerk gemeinsam nachzudenken. Eine starke evangelische Kirche, die Polen und Deutsche eint, war sein Ziel. In ganz anderer Weise ist in den letzten zwanzig Jahren zwischen evangelischen Christen diesseits und jenseits der deutsch-polnischen Grenze eine Partnerschaft gewachsen. Aus zarten Banden der Versöhnung zwischen unseren Kirchen ist mittlerweile ein enges Netzwerk guter Beziehungen untereinander geworden, für das ich sehr dankbar bin.“
Die Andacht endete mit einer Kranzniederlegung an der Begräbnisstätte.
Im Anschluss lud die EKD zum Empfang für Familie und Angehörige ins EKD-Haus in Berlin Mitte. Hier hielt neben Präses Annette Kurschus und Bischof Jerzy Samiec unter anderem die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli ein Grußwort.
Mit einem offiziellen Grußwort im Namen der Familie Bursche, die mit zehn Personen beim Empfang vertreten waren, meldete sich Juliusz Gardawski, der Urenkel von Bischof Julius Bursche, zu Wort.
Bischof Samiec mahnte: „Nach dem Krieg wurden die Verbrechen, die während des Krieges begangen worden waren, klar ausgesprochen. Nur deshalb wurde Versöhnung möglich. Auch heute brauchen wir Persönlichkeiten wie Bischof Juliusz Bursche, die sich für Versöhnung zwischen Polen und Deutschen einsetzen. Die Liebe leitet uns zu den Grundlagen, die uns miteinander verbinden. Die Liebe erlaubt uns, zu vergeben und um Vergebung zu bitten.“
Präses Annette Kurschus, stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD und Beauftragte des Rates der EKD für die deutsch-polnischen Beziehungen erinnerte an die Bedeutung der seit vierzig Jahren bestehenden Beziehungen der EKD und der Kirchen in Polen: „Wir sind dankbar für die Gemeinschaft, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem Polnischen Ökumenischen Rat entwickelt hat. Das Miteinander unserer Kirchen ist ein Zeichen der Versöhnung zwischen unseren Völkern, ein Zeichen, das in unsere Gesellschaften ausstrahlt. Der christliche Glaube grenzt nicht aus, sondern verbindet. Er schottet nicht ab, sondern öffnet.“
Hintergrund:
Bursche, seit 1905 Generalsuperintendent, ab 1937 Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, war ein entschiedener Befürworter der Existenz Polens. Bis heute wird er in Polen hoch verehrt. Da er als Nachfahre deutscher Zuwanderer für Polen eintrat, was in der NS-Ideologie als „Verrat am deutschen Volkstum“ galt, wurde er 1939 verhaftet und zunächst in das Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albrechtstraße in Berlin verbracht, später dann in das KZ Sachsenhausen, wo er im Februar 1942 im Staatskrankenhaus in Berlin überführt unter ungeklärten Umständen verstarb. Die Herausgabe der sterblichen Überreste an seine Angehörigen wurde verweigert, ebenso die Bekanntgabe des Ortes seiner Bestattung. Die Erinnerung an ihn sollte völlig getilgt werden. Das damalige Kirchliche Außenamt der Deutschen Evangelischen Kirche hat diese schändliche Politik unterstützt. Daher hat die Evangelische Kirche Deutschlands 1992, dem 50. Todesjahr Bursches, ihr Entsetzen und ihre Scham über die Verwicklung deutscher kirchlicher Stellen in die Verfolgung von Bischof Bursche zum Ausdruck gebracht und um Vergebung gebeten.