21.10.2015
Bauherr will trotz drohender Schäden mit zweiter Baustelle beginnen
Berlin, 21. Oktober 2015 – Direkt neben der Friedrichswerderschen Kirche sollen an der Ostseite Bauarbeiten für einen dort geplanten Neubau kurzfristig aufgenommen werden. Bereits der Bau auf der Westseite der Schinkel-Kirche hat zu irreversiblen Schäden geführt. Gleiches erwartet nun die Evangelische Kirche von dem zweiten Bauvorhaben.
Pressevertreter sind eingeladen zum Ortstermin. Ihnen werden der Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Dr. Jörg Antoine, sowie der Leiter des kirchlichen Bauamtes, Kirchenoberbaurat Matthias Hoffmann-Tauschwitz, zum Gespräch zur Verfügung stehen:
Ort: Friedrichswerdersche Kirche, Werderscher Markt, 10117 Berlin
Datum: Freitag, den 23. Oktober 2015, 8.30 Uhr
Konsistorialpräsident Dr. Jörg Antoine: „Wir sind entsetzt, wie mit einem Denkmal von internationalem Rang wie der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin umgegangen wird. Man lässt hier in unmittelbarer Nähe eine Bebauung zu, die nicht nur diese Kirche bis zur städtebaulichen Bedeutungslosigkeit einzwängt, sondern darüber hinaus zu massiven Schädigungen an ihrer Substanz führt. Es wird Zeit für ein Umdenken.“
Gutachtliche Feststellungen gehen davon aus, dass es durch das weitere Bauvorhaben zwar nicht zum Einsturz der Kirche, aber sicher erneut zu vergleichbaren Schäden wie bereits bei der Bebauung an der Westseite kommt. Eine nachbarschaftliche Vereinbarung, wie sie im fertiggestellten ersten Fall zumindest zur konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligter führte, konnte hier noch nicht abgeschlossen werden. Obwohl diese wichtige Grundlage für eine größtmögliche Schadensbegrenzung fehlt und obwohl das Bauaufsichtsamt dem Bauherrn kurzfristig mitteilte, dass einer Aufnahme der Bauarbeiten noch die ausstehende Erfüllung behördlicher Auflagen entgegenstehe und der jetzige Baubeginn unzulässig sei, sollen die Arbeiten offenbar aufgenommen werden.
Als besonders problematisch sieht das Konsistorium der Evangelischen Landeskirche in diesem Zusammenhang, dass beide Bauvorhaben von der Baugenehmigungspflicht befreit sind. Sie unterliegen allein der Maßgabe der jeweiligen Bebauungspläne, die auf der Basis des „Planwerks Innenstadt“ aufgestellt worden sind. Gegen das in diesen Bebauungsplänen festgesetzte „Maß der baulichen Nutzung“, insbesondere gegen den äußerst geringen Abstand und die Höhe der Nachbarbebauung, hatte die Kirche als „Träger öffentlicher Belange“ Einwände erhoben – leider erfolglos. Eine Mitwirkung der Denkmalbehörden ist damit auf die Beurteilung beschränkt, inwiefern sich das Bauvorhaben schädigend auf die benachbarte denkmalgeschützte Kirche auswirkt. Dies steht noch aus.
Auf der Westseite der Kirche steht inzwischen ein weitgehend fertiggestellter Bau mit einem Abstand von nur wenigen Metern zur Kirchwand. Die dortigen Gründungsarbeiten führten trotz umfangreicher Voruntersuchungen und baubegleitender Messungen zu irreversiblen Schäden: Kleinste Bewegungen der Fundamente potenzierten sich in den Gewölben zu klaffenden Rissen; farbig gefasster Putz fiel herunter, Fensteröffnungen und -streben verformten sich. Die inzwischen abgeschlossene denkmalgerechte Sanierung bedeutet jedoch nicht, dass der Vorzustand wiederhergestellt ist, denn einmal eingetretene Verformungen können nicht zurückgeführt werden. Trotz der Zusammenarbeit des nachbarlichen Bauherrn mit der Eigentümerin und der Nutzungsberechtigten der Kirche sowie mit den Denkmal- und Bauaufsichtsbehörden und zahlreichen hochspezialisierten Fachleuten konnte dieser bleibende Schaden für das Baudenkmal nicht verhindert werden.
Eigentümerin der Friedrichswerderschen Kirche ist die Kirchengemeinde in der Friedrichstadt. Langfristig genutzt wird sie von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.