18.05.2023
Brandenburg an der Havel, 15.05. 2023 – Das Domkapitel des Domstifts Brandenburg hat sich in seiner Frühjahrssitzung am 13. Mai 2023 intensiv mit der antisemitischen Schmähplastik im Kreuzgang des Domstifts befasst und sich für eine Verhüllung entschieden.
Dechant Bischof Dr. Christian Stäblein erläutert diese Entscheidung: „Es gibt weder einen Zweifel an der antisemitischen Aussage, die von diesem Relief ausgeht, noch an der Schuld der Kirchen, Judenhass und Antisemitismus aktiv befördert zu haben. Unsere Aufgabe ist es, mit diesem schweren, beschämenden Erbe bewusst und angemessen umzugehen. Hierfür gibt es keine einfachen Wege. Jede dieser sog. „Judensaudarstellungen“ muss in ihrem historischen und lokalen Kontext verstanden werden, aus dem sich der jeweilige Umgang mit ihr ableitet. Eine Abnahme der Brandenburger Schmähplastik und eine Ausstellung an anderem Ort sind aus Gründen ihres Materials (Terrakotta) sowie aus statischen Gründen nicht möglich. Wir haben uns für eine Form der visuellen Beseitigung entschieden, die die Plastik am Ort belässt und zur Aufarbeitung und Vermittlung der Tradition zur Verfügung hält. Bei der Entscheidung des Kapitels für die visuelle Beseitigung bei gleichzeitigem Belassen am Ort spielte auch die Tatsache eine Rolle, dass das Relief nicht im Dom oder an einer Kirchenwand angebracht ist, sondern im Kreuzgang, der heute Teil des musealen Bereichs des Domstifts ist.“
Laut Domkurator Dr. Cord-Georg Hasselmann folgt das Kapitel mit dieser Entscheidung einer einstimmigen Empfehlung der Arbeitsgruppe, die sich seit zweieinhalb Jahren intensiv mit dieser Plastik befasst und im Januar 2022 einen öffentlichen Workshop zu diesem Thema veranstaltet hat, in dem die Zwischenergebnisse der Arbeitsgruppe präsentiert wurden. Dieser Arbeitsgruppe gehören u.a. Rabbiner Prof. Dr. Andreas Nachama, Pfarrerin Marion Gardei, die Beauftragte der Evangelischen Landeskirche (EKBO), Frau Theresa Jeroch, Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Begleiterin des Projekts, und Domkurator Dr. CordGeorg Hasselmann an. In Kürze soll ein Ausstellungsgestalter mit der Umsetzung der Verhüllung beauftragt werden. Zudem ist eine Publikation der Arbeit von Frau Jeroch geplant, die voraussichtlich mit einem Symposium o.ä. begleitet werden wird. „Die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und mit dem kirchlichen Antijudaismus soll durch die Entscheidung des Domkapitels nicht beendet, sondern vorangetrieben werden. Auch in diesem Sinne ist die Schmähplastik Zeugnis und Mahnung zugleich“, sagt Hasselmann.
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Hintergrund:
Das Domstift Brandenburg ist die älteste Institution des Landes Brandenburg mit einer über 1000 Jahre langen Tradition. Zu seinen Aufgaben gehören die Erhaltung und zeitgemäße Nutzung des umfangreichen historischen Gebäudeensembles aus Dom, Klausur, Kurien und Nebengebäuden. Mit seinen Konzertreihen, seinem Museum, den Gottesdiensten und den beiden Evangelischen Schulen zieht der Dom zu Brandenburg jährlich über 60.000 Besucher an. Im Jahr 2015 feierte das Domstift das 850-jährige Jubiläum der Grundsteinlegung des Doms. Nach der Reformation war das Domstift über vier Jahrhunderte eine weltliche, vom jeweiligen Herrscher abhängige Institution. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist es eine Einrichtung der evangelischen Kirche.
Diese Pressemitteilung wird von den Pressestellen des Domstifts Brandenburg und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gemeinsam veröffentlicht.
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